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Am Anfang stand die B-Seite - Heino und die 70 Jahre

Posted by admin (admin) on 28.12.2008 at 08:59
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Am Anfang stand die B-Seite - Heino und die 70 Jahre


Erfolgreicher Künstler Heino: über 50 Millionen verkaufte Tonträger (Foto: Christian Altengarten)


Am 13. Dezember 1938 als Heinz Georg Kramm in Düsseldorf-Oberbilk geboren, setzte das Leben jenen Mann, der später unter dem Namen Heino verehrt, bejubelt, verspottet und beschimpft wurde, in eine Zeit, in der die Uhren in Deutschland mit Brachialgewalt rechts rum zu laufen begannen. Heinz Georg, der Sohn eines Zahnarztes. Der Vater fiel 1941 im Krieg gegen die Sowjets, der Sohn wuchs bis 1945 in Pommern auf.


Heino der Volksmusikant. Ein Sänger, der sich Mitte der 60er Jahre als 27-Jähriger zum ersten Mal gegen den populärmusikalischen Zeitgeist stemmte und etwas tat, dass für das andere politische Lager so etwas wie musikalischer Revanchismus war. Er sang über Deutschland, bunte Fahnen, Fremdenlegionäre oder das Seemannslos. Strohblond, die dunkle Brille im Gesicht, machte der Mann eine Art von Volksmusik, die sich ihre Arrangementanleihen aus dem Schlager holte und den Nerv der Massen traf. Mersey-Beat war das Eine, Heino das Andere. Zwei Pole. Und Heino verkaufte von Anfang an Platten wie geschnitten Brot.


Es passt zu dieser unorthodoxen Karriere, dass die erste Veröffentlichung gleich der erste Hit war. Und dieser Titel, "Jenseits des Tales", eigentlich die B-Seite war. Auf der A-Seite war "13 Mann und ein Kapitän" zu hören. Heino war der Sänger, der ur-deutsche Tugenden besang, sich traute, diese Lieder in eine turbulente Zeit zu setzen und damit zum Hass-objekt der Linken wurde. "Das waren die 68er, jene, die später selbst Millionäre geworden sind, die mich ins Nazi-Eck drängen wollten. Das ist aber nie gelungen. Heute kann ich rückblickend mit Fug und Recht behaupten: Wenn ich damals nicht gewesen wäre, damals nicht angefangen hätte, Volksmusik zu machen, wäre diese Musik wahrscheinlich heute nicht so populär wie sie ist", so Heino, der in der Tat eine Art Rebell seiner Zeit gewesen ist.
 

In den 80ern hat er erneut bewiesen, dass er sich auf sein Bauchgefühl verlassen kann. Als man die Idee des "Enzian Raps" an ihn herangetragen hatte, rieten ihm alle Berater davon ab. Heino sagte trotzdem zu und mutierte in einer Szene plötzlich zur Kultfigur, die von ihm bis zu diesem Zeitpunkt gar nichts wissen wollte. Das Ding wurde ein Hit und knallte in eine Zeit, wo es um den Volksmusikanten Heino etwas ruhiger war.


Er war wieder da, diesmal hip und kultig, sich selbst persiflierend und mit einem Augenzwinkern. Heute bilanziert der Mann, der gleich nach seinem ersten Hit 1965 von seiner Plattenfirma einen Zehn-Jahres-Vetrag angeboten bekam, bei mehr als 50 Millionen verkauften Tonträgern. Die Zeiten der Beschimpfungen und des Medienboykotts sind längst vorbei. Deutschland lebt mit Heino und Heino mit Deutschland. Beide können gut miteinander.


Der gelernte Konditor ist auf seine Art zum Markenzeichen geworden und niemand vermutet mehr hinter der dunklen Brille dumpfe Deutschtümelei. "Ich bin glücklich darüber, ein so schönes Leben leben zu dürfen. Ich habe viel von der Welt gesehen und viele interessante Menschen kennen gelernt", sagt er. Und auch die langwierige Krankheit ist überstanden. Eine Krankheit, die dem Mann die Abschiedstour verhagelt hat. Zwischendrin sah es so aus, als ob die Fans auf ihren bezahlten Tickets sitzen bleiben würden. Mittlerweile ist Heino nach der Bewältigung dieses Problems, das ihn depressiv machte, schlaflose Nächte bereitete, wieder mit sich selbst im Reinen. Er nahm eine halbe Million Euro aus der eigenen Kasse in die Hand und gab den Leuten ihr Geld zurück. "Singen ist mein Leben, Singen hat mich zum Wohlstand gebracht. Das musste ich zurückgeben. Ich kann wieder schlafen, seit ich meine Fans ausbezahlt habe", erzählt er bei Goldstar TV in der Sendung ‚"Alles Liebe V.I.P."(Ausstrahlung 24. Dezember, 22 Uhr).

 
Heino 70. Der Mann, der bisher stets so wirkte, als wäre er alterungsfrei, hat einen Runden zu feiern. Die Geburtstagstorte backt er nicht selbst. Das Fest wird keine große Sause. Ehefrau, Sohn, Schwiegermutter, Schwiegertochter und eine Handvoll Freunde werden mit dem blonden Rheinländer anstoßen. Im CD-Player werden die Platten seiner Freunde rotieren, jene Kollegen, die ihn in all den Jahren begleiteten. Peter Alexander, Udo Jürgens und hin und wieder vielleicht auch ein Heino-Lied.


Ja, und dann wäre da noch die Geschichte, die mir Hans R. Beierlein einst erzählte. Es ging darum, dieses Vorurteil zu knacken, jenes, das es Heino verwehrte, in die wirklich großen TV-Sendungen zu kommen… Beierlein gab eine neutrale Meinungsforschung in Auftrag. Es ging darum, herauszufinden, welcher politischen Partei Heino-Hörer nahe stehen. Heraus kam die SPD. Na bitte. Es ist doch immer so: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.


Alles Gute Heinz Georg Kramm.

 

Autor: az
Quelle: Musikmarkt - 11.12.2008

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