OSN Aktuell
BAP auf Tour bei den Nachbarn - Internet sei Dank, sonst hätte ich nie erfahren, dass Kölsch "die größte Variante des Ripuarischen und des Zentralripuarischen ist", also eine kontinentalwestgermanische Dialektgruppe. |
Posted by admin (admin) on 10.05.2010 at 10:04 |
BAP auf Tour bei den Nachbarn - Internet sei Dank, sonst hätte ich nie erfahren, dass Kölsch "die größte Variante des Ripuarischen und des Zentralripuarischen ist", also eine kontinentalwestgermanische Dialektgruppe.
Wieder live in Österreich: Wolfgang Niedecken mit BAP (Foto: TTP)
Köln, das war für mich als ausländischen Nachbar stets ein Bier in einem kleinen Glas, die Popkomm samt Ringfest und "Verdammt lang her", also BAP. Ja, es hat schon was Herausforderndes, wenn man schwer verstanden wird, man muss sich – trotz der eigentlich gleichen Sprache – mehr als andere gegen das Hochdeutsche durchsetzen, will man gehört werden. Als Wiener geht es einem da nicht anders, als den Schweizern, wenn man beispielsweise in Düsseldorf seinen eigenen Zungenschlag pflegen will. Was man loswerden will, muss inhaltlich doppelt so interessant sein, sonst gehst du deinem Vis-a-vis irgendwann auf die Nerven.
BAP waren seit jeher anders als die anderen. Das begann schon 1976, als beim ursprünglichen Namen BAPP (Kölsch für Vater) das zweite P gekickt wurde, weil es vorne auf der Basedrum nicht gut aussah. Sich so konsequent über all die Jahre dem Dialekt zu verschreiben, nie auch nur ansatzweise mit dem großen, dem gleichmachenden Hochdeutsch zu kokettieren, das hat schon Stil und wie man sieht, den Leuten gefiel's. Bis heute. Das aktuelle Album "Pandora" war – klarerweise – wieder eine Nummer eins in Deutschland. So wie immer in all den Jahren.
BAP mit Frontmann und Song-schreiber Wolfgang Niedecken singen also seit jeher im Kölner Dialekt. "Mit sechs Jahren musste ich meine erste Fremdsprache lernen… das war Deutsch", erinnert sich Niedecken, der in der Tat eine sehr kontinuierliche, sehr unverbogene Karriere hinter sich hat. Der Mann hatte immer sein Ohr und seine Seele bei den Menschen, engagierte sich für die Umwelt (Wackersdorf 1986), für die Hungernden in Äthiopien ("Nackt im Wind"/Band für Afrika) und ist bis heute jemand, den das Startum schlichtweg nicht interessiert.
Niedecken ist Köln und "das was wir tun, kommt aus dem Proletariat… Wir sind eine Band, die aus dem Volk kommt," sagt er und erzählt, dass es vorkommt, dass der Müllmann den Wagen vor seinem Haus in der Verkehrsschikane abbremst um mit ihm über den FC zu plaudern. "Das ist eine Art der Anerkennung… Der will mit mir über Fußball sprechen und da muss der Verkehr einfach warten, das gefällt mir." Da gab's die Szene in der Straßenbahn. "Die lassen mich alle in Ruhe, obwohl sie mich erkennen und unlängst zog ich meinen Fahrschein aus dem Automat, hockte mich nieder und holte die Zeitung raus. Da beugt sich eine alte Omi zu mir rüber und meint: ,Herr Niedecken, Sie haben Ihr Wechselgeld vergessen.' Das war klasse, die ganze Bahn lachte sich tot." Und so ist der Mann einer jener Musiker, die es seit jeher gibt, die Springsteens dieser Welt. Keine aufdringlichen, der normalen Welt entrückten Paradiesvögel. Gerade gewachsene Typen, diese "Einer von uns"-Musiker, mit denen der Rock'n'Roll auch in Würde älter werden kann.
Niedecken, der Kölner, und BAP reisen wieder über die Grenze. Die Band, die schon in China und in Moskau gespielt hat, fährt nach Jahren wieder nach Österreich und in die Schweiz. Die Plattenfirma hat da lange keine Promotion mehr gemacht, "darum machen wir das jetzt selbst," so Niedecken und erzählt, dass die Initialzündung bei den gemeinsamen Konzerten mit Hubert von Goisern erfolgt ist.
1983, da waren BAP zum ersten mal auf einer österreichischen Bühne und damals notierte Niedecken: "Wir sind etwa 1000 Kilometer von Köln weg, so weit entfernt haben wir noch nie gespielt." Und dieser Notiz folgte ein Staunen darüber, dass vom Publikum die Kölsch-Texte mitgesungen wurden. Gleiches widerfuhr BAP in der Schweiz. "Lauter gutgelaunte, textkundige Leute", notierte das Tourtagebuch. Dann war für Jahrzehnte Live-Pause in Österreich.
Was erwartet uns nun, wenn BAP auf hiesige Bühnen steigen? "Drei Stunden Show. Ein Drittel aktuelles Repertoire, zwei Drittel Klassiker," so Niedecken, der auf dieser Tour von Anne de Wolff (Calexico, Rosenstolz) unterstützt wird. "Wir machen das, weil wir seit jeher eine Liveband waren und sind." Die Spielfreude hat nie aufgehört und dieses Singen, wie der Schnabel gewachsen ist. "Alles ändert sich, aber BAP ist nach wie vor unsere Band", sagen die Leute in Köln. "Ich habe mich immer über meine Zugehörigkeit definiert, nie vergessen wo ich herkomme", sagt Niedecken. Und wenn dann die eine oder andere Textzeile doch nicht ganz verstanden wird, dann spürt der Mann das auf der Bühne und erzählt halt ein bisschen mehr zu den Liedern. Es hat sich also nix grundsätzlich geändert und das ist gut so und so wird "verdammt lang her" wohl zum eigentlichen Motto der Tour.
Die Tour im Mai – Österreich: 6.5. Linz, 7.5. Feldkirchen, 8.5. Graz, 10.5. Wörgl, 11.5. Wien; Schweiz: 13.5. Winterthur, 14.5. Luzern, 15.5. Bern
Wieder live in Österreich: Wolfgang Niedecken mit BAP (Foto: TTP)
Autor: az
Quelle: Musikmarkt - 06.05.2010