OSN Aktuell

Kuschel-Alarm: Ein animierter Hase erobert die deutschen Charts

Posted by admin (admin) on 21.03.2008 at 08:59
OSN Aktuell >>

 

Kuschel-Alarm: Ein animierter Hase erobert die deutschen Charts


Goldhase: Schnuffel (Foto: Jamba)


Er hat ein eigenes MySpace-Profil. Seine Debüt-Single schaffte es auf Platz eins der deutschen Charts. Und sein erstes Album steht in den Startlöchern. Der neue Shootingstar Schnuffel hat alles, was es für eine erfolgreiche Musikkarriere braucht. Real ist er aber leider nicht.


Seit fünf Wochen hält sich der animierte Langohr Schnuffel mit seinem "Kuschel Song" an der Spitze der deutschen Charts. Ursprünglich speziell als Charakter und Klingelton für das Handy konzipiert, verweist der Hase unter anderem Rapper Timbaland, Newcomerin Leona Lewis und Amy Winehouse auf die Plätze. "Wir sind sehr stolz auf den Erfolg von Schnuffel – schließlich ist er ein echtes Jamba-Kind, hier konzipiert und zum Leben erweckt", so Mauro Montanaro, CEO des Mobile-Entertainment-Konzerns Jamba.


Wie wird ein solches Produkt entwickelt? "Die Ursprungsidee war eine gut funktionierende ,Grußkarte' via Handy", so Gudrun Schweppe, Vice President Music Licensing bei Jamba. Die Idee dahinter: "Der Alltag ist grau, draußen ist es kalt und ich bin allein. Ich schicke meinem Partner eine kleine Liebesbotschaft, die sie oder ihn erfreut. Das Ganze verpackt mit einer starken Melodie, die ein absoluter Ohrwurm ist und mit einem Look&Feel, das zum Thema passt", so die Expertin.


Es ist nicht das erste Mal, dass ein animiertes Tier die deutschen Charts stürmt. Im Sommer 2005 machte der Crazy Frog, der wie Schnuffel in der kreativen Talentschmiede bei Jamba kreiert wurde, von sich reden – und sorgte bei vielen für Kopfschütteln.


Animierte Stars wie Schnuffel und Co. machen den echten Stars die Plätze in den Charts streitig. So verdrängte der Crazy Frog im Mai 2005 mit seinem Hit "Axel F." die britische Erfolgsband Coldplay vom Spitzenplatz der britischen Single-Charts. Außerdem ließ der animierte Frosch Stars wie Gwen Stefani, Akon und Oasis hinter sich. Vier Wochen hielt sich der Titel auf dem Chartsthron. Auch in Deutschland schaffte es der freche Frosch in die Charts und verweilte dort insgesamt 23 Wochen.


Der Track von den Bass Bumpers, der auf einem Sample der "Beverly Hills Cop"-Filmmelodie beruht, war anfangs lediglich ein Handy-Klingelton-Hit des Mobile-Entertainment-Konzerns Jamba. Aufgrund des Erfolgs in Deutschland und Großbritannien wurde "Axel F." auch in anderen Ländern veröffentlicht. Ein Album folgte. Später gab es verschiedene Remix-Versionen des Songs, die ebenfalls erfolgreich waren.


Der niedliche Hase Schnuffel tritt nun in die Fußstapfen des verrückten Froschs und setzt die Erfolgsgeschichte fort. Sein "Kuschel Song" wurde bereits für über 150 000 verkaufte Einheiten der Single – die bei Columbia Deutschland erschienen ist – sowie Downloads mit Gold ausgezeichnet. Was macht den Erfolg von animierten Figuren aus? Gudrun Schweppe: "Ein wichtiger Bestandteil ist der Song. Eine sehr eingängige Melodie, die durch Text und Instrumentierung genau für die jeweilige Zielgruppe produziert wird. Es muss eine Emotion oder ein Gefühl transportiert werden. Natürlich braucht es dazu das passende visuelle Konzept und dessen Umsetzung." Die animierten Figuren können dem jeweiligen Song angepasst werden. Dadurch entsteht laut Schweppe ein "rundes Gesamtkunstwerk respektive ein auf allen Kanälen vermarktbares Produkt". Patrick von Strenge, Senior Product Manager Columbia Deutschland, ergänzt: "Den Erfolg macht nicht die Animation an sich aus, sondern das Gesamtkonzept. Schnuffel ist von vorne bis hinten stimmig und trifft den richtigen Nerv zur richtigen Zeit."


Der Vorteil einer animierten Figur: Der virtuelle Star kann den Wünschen der jeweiligen Zielgruppe angepasst werden. "Im Grunde kann man für jede Zielgruppe eine animierte Figur entwerfen", so Gudrun Schweppe gegenüber "Musikmarkt". "Das sieht man an Beispielen wie den Gorillaz, dem Crazy Frog und nun Schnuffel. Alle drei haben völlig unterschiedliche Zielgruppen. Die Zielgruppe von Schnuffel ist weiblich und ab 25 Jahre alt, nach oben offen."


Ein weiterer Vorteil: Die animierten Tierfreunde sind vielseitig und vor allem international vermarktbar. Schnuffels "Kuschel Song" beispielsweise ist mittlerweile in zehn internationalen Versionen, unter anderem auf Italienisch, Spanisch, Russisch und auf Schweizerdeutsch, verfügbar. Auch in der Schweiz und in Österreich eroberte der Kuschelhase die Charts – in Österreich gab es sogar Platz eins.


Darüber hinaus soll der Klingelton in Singapur und Thailand veröffentlicht werden, wie Jamba mitteilt. "Schnuffel wird in den nächsten Wochen in nahezu komplett Europa sowie in Australien, Russland und den USA veröffentlicht", ergänzt Patrick von Strenge.


In welchen Ländern funktionieren solche animierten Wesen am besten? Gudrun Schweppe: "Es gibt unserer Erfahrung nach nicht bessere oder schlechtere Länder für Animationen. Aber animierte Wesen müssen natürlich dem lokalen Geschmack angepasst sein und es ist – wie bei Künstlern aus Fleisch und Blut – sehr selten, dass ein Titel weltweit funktioniert. Umso mehr freut uns, dass wir mit Schnuffel allem Anschein nach wieder einmal eine Ausnahme von dieser Regel gefunden haben."


Der Erfolg von Schnuffel kommt in einer Phase des Umbruchs: Der Vertrieb über Downloads, Mobile und Internethändler machte im vergangenen Jahr nach Angaben des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI) zwar bereits fast ein Viertel des gesamten Umsatzes mit Musikprodukten aus, das Mobile-Geschäft 2007 blieb wegen teurer Endgeräte und hoher Zugangskosten aber hinter den Erwartungen zurück.

Zwar verfügt laut BVMI mit 15,6 Millionen Personen fast jeder vierte Deutsche ab zehn Jahren über ein MP3-fähiges Handy, aber im vergangenen Jahr wurden nur 4,7 Millionen Songs über mobile Netze verkauft. Die Begeisterung für Klingeltöne nahm ab: minus 30 Prozent auf 8,3 Millionen verkaufte Einheiten.


Im konkreten Fall von Schnuffel wurden bislang mehr Klingeltöne als CDs verkauft. Der Klingelton ist allerdings auch schon sechs Wochen früher erschienen. "Diesen Vorsprung holen die Tonträger bei den Verkäufen derzeit gewaltig auf, so dass am Ende damit zu rechnen ist, dass die Tonträger und Full-Tracks die Klingeltöne ein- oder sogar überholen werden", verrät Gudrun Schweppe von Jamba.


Schnuffel kommt bei den Fans so gut an, dass nun ein ganzes Album bei Sony BMG veröffentlicht werden soll. Und zwar pünktlich zu Ostern. Außerdem sollen Plüschtiere, Tassen, Poster und T-Shirts von Schnuffel in den Handel kommen.


Aber Vorsicht, Schnuffel erhält Konkurrenz – und zwar aus den eigenen Reihen: Bei Columbia Deutschland erschien Anfang Januar die Single "Hallo Papi" von Baby Lilly. Dieses Mal kein Tier, sondern ein animiertes Cartoon-Kleinkind mit großen, blauen Kulleraugen. Der kleine Fratz kommt aus Frankreich und wurde in den vergangenen zwei Jahren weltweit bereits mehr als eine halbe Million mal in Form von Singles, Alben und DVDs verkauft.


Allein in Frankreich wurden mehr als eine halbe Million Singles abgesetzt. Patrick von Strenge von Columbia Deutschland: "Baby Lilly haben wir von unseren Kollegen aus Frankreich lizenziert und für GSA in deutscher Sprache adaptiert." Laut Jörn Grimmer, Director Marketing Columbia Deutschland, richtet sich Baby Lilly an eine deutliche jüngere Zielgruppe als Schnuffel. "Die liegt mehr im Pre-School-Bereich und frühem Grundschulalter, also ungefähr zwischen drei bis acht Jahre." Im Gegensatz zu Schnuffel kaufen hier also die Eltern, während die Kinder lediglich konsumieren.


Wer auch immer die Songs herunterlädt, der animierte Kuschelzoo kommt allem Anschein nach gut an. Schnuffel und Baby Lilly werden sicherlich nicht lange allein bleiben. Schweppe: "Schnuffel war nicht der erste und auch nicht der letzte Chartstürmer."

 


Autor:  rw
Quelle: Musikmarkt - 20.03.2008

Back