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Tony Marshall wird 70

Posted by admin (admin) on 01.02.2008 at 09:04
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Tony Marshall wird 70 !


An dieser Stelle könnte nun die Headline stehen "Lass das mal den Tony machen". Steht sie aber nicht, da man sich als "Magazineur" erst der Plattheit hingibt, wenn sonst gar nichts mehr geht… Aber die Kraft ist noch da. Vor allem stimmt der Spruch im Falle des Herrn Anton Marshall so überhaupt nicht.


Der Jubilar, dessen Wiege am 3. Februar 1938 in Baden-Baden mit dem Knaben Herbert-Anton Hilger einen Mieter fand, ging nicht den direkten Weg in den Showhimmel. Da waren einige Umwege zu laufen, aber das ist in einem Geschäft wie dem mit der Musik auch gar nicht so schlecht. Ein schneller Aufstieg hat etwas von einer Feuerwerksrakete und die verglühen bekannter maßen auch schnell wieder.


Herbert-Anton lernte das Handwerk der Musik auf der Schule, später am Konservatorium. Stand mit 15 bereits auf der Bühne und sang sich in Karlsruhe durch die Musikuni. Herbert-Anton Hilger ist ein Sänger mit klassischer Musikausbildung. Einer, der die großen Werke der Meister lupenrein drauf hat, aber danach fragte damals, im Deutschland Mitte der 60er Jahre, niemand wirklich.


Das Wirtschaftswunder war zum Alltag geworden, Beatmusik brachte lange Haare, aber über all dem dominierte trotzdem der Schlager das Musikgeschäft. Der Meisel-Verlag in Berlin rief 1966 zum Talentwettbewerb. Herr Hilger aus Baden-Baden gewann. Es folgte eine erste Platte. "Aline" – die deutsche Version des Christophe-Hits. Das Ding ging nicht durch die Decke. Auch die nächsten beiden Singles nicht, aber da gab es eine Familie. Frau, drei Kinder und die Miete mußte bezahlt werden.


Also ging Herr Hilger am Bau malochen. Er sang bereits in Badezimmern, als die noch Baustelle waren. Der Installateur Herbert verlegte Rohre, stemmte, schweißte. Und wenn es dunkel wurde am Bau, dann ließ er im Casino Baden-Baden die Kugel rollen. Auf der richtigen Seite des Tisches, dort wo immer etwas hängen bleibt. Im Hintergrund unterstützt von seinem Freund Herbert. Ein Kripobeamter, dessen Augen permanent im Casino alles vor den Röntgenschirm schoben. Herbert & Herbert.


Herbert-Anton Hilger und Herbert Nold. Das Duo ist bis heute unzertrennlich. Den einen kennt man heute nur mehr als Tony Marshall, der andere ist nach wie vor sein rühriger Manager, der die Dienstmarke samt Knarre längst gegen einen Füllhalter zum Unterschreiben der Verträge getauscht hat.


Zum Tony wurde der eine Herbert erst, als ihn Jack White beim Erdbeerfest in Staufenberg dazu überredete, es noch einmal zu versuchen. Die beiden Herberts flogen nach Berlin. "Die schöne Maid" sollte es werden. Und Herbert-Tony, der Opernsänger, versuchte den Spruch von der "Leiche" über die es zu steigen gilt ehe er das Cover dieses polynesischen Volksliedes zieren werde. Der eine Herbert überredete den anderen. Der Rest ist Geschichte. Drei Millionen verkaufter Platten. Töpfe und Pfannen, die als Schlagwerk die Stimmung am Playback hoch peitschten. Die Kochtopfpercussion war der Grundstein einer Karriere, die bis heute nie in den Keller führte.


Was wurde der Mann daraufhin alles genannt: Bierzelt-Crooner, Schunkel-Otto… und oft fragt man sich durchaus, wie man die Bürde eines derartigen Liedstempels ein ganzes Leben lang ertragen kann? Man kann, vor allem dann, wenn die Möglichkeit besteht, es auch zwischendurch wieder richtig krachen zu lassen. Dann bleiben die Münder offen. Tony Marshall und die Klassik, das ist etwas, das sich wirklich gut verträgt. In seiner eigenen TV-Show zog er dann immer wieder die Stimmungsregister der anderen Art.

Kompromisslos den ausgesuchten Weg zu gehen und das Tandem der Männerfreundschaft der beiden Herberts haben es mit sich gebracht, dass da nie etwas aus dem Ruder lief. Skandalfrei, Unterhaltung pur, aber nicht den Kasper spielen. Das hat der Tony Marshall perfekt in seinen mehr als 50 Jahren Karriere hingekriegt. Ja, er ist der Stimmungsmacher der Nation, aber ebenso der Tevje aus Ana-tevka, der Showmaster, der Vater, der Freund und der Ehrenbürger von "Bora, Bora".


So gesehen gar nicht so schlecht, dass er damals im Vorzimmer von Jack White über die "eigene Leiche" gestiegen is.

 

 

 

Unterhaltung pur, aber nicht den Kasper spielen: Tony Marshall hat das in 50 Jahren Karriere hingekriegt (Foto: Seven Days Music/Stefanie Drerup)

 

 

 

Autor: az
Quelle: Musikmarkt - 30.01.2008

 

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