OSN CD News

Udo Jürgens "Der ganz normale Wahnsinn - Live" - Das Album zum Konzertereignis des Jahres - VÖ: 30.11.2012

Posted by admin (admin) on 06.12.2012 at 10:50
OSN CD News >>

 

Udo Jürgens "Der ganz normale Wahnsinn - Live" - Das Album zum Konzertereignis des Jahres - VÖ: 30.11.2012


Mt seiner 23. Konzerttournee "Der ganz normale Wahnsinn" hat Udo Jürgens bewiesen, dass er als Sänger und Entertainer zu den wenigen Superstars gehört, der noch die ganz großen Hallen zu füllen vermag. Jetzt folgt als Tondokument zum Konzertereignis 2012 das in Ulm und München aufgezeichnete Album "Udo Jürgens - Der ganz normale Wahnsinn – Live".


Die Konzerte der Tournee 2012, davon zeugen auch die zahlreichen und teilweise überschwänglichen Kritiken, sind Musik-Shows der Extraklasse. Im dramaturgisch auf emotionale Abwechslung bedachten Konzertprogramm reihen sich legendäre Partyhits wie "Aber bitte mit Sahne", "Ich war noch niemals in New York" oder "17 Jahr, blondes Haar" an internationale Klassiker: "Ich weiss, was ich will" oder "Was ich dir sagen will" und nachdenklichere Titel wie "Mein Bruder ist ein Maler" oder "Heute beginnt der Rest deines Lebens" begeistern die Fans gleichermaßen. Den thematischen Schwerpunkt bilden aber in gewohnter Manier die Lieder des aktuellen Erfolgsalbums "Der ganz normale Wahnsinn". Ein beeindruckendes Highlight setzt der wohl vielseitigste, beständigste und erfolgreichste Komponist, Sänger und Entertainer der deutschsprachigen Unterhaltungsmusik im orchestralen Feuerwerk mit der live gespielten Filmmusik zu Szenen aus dem TV-Zweiteiler "Der Mann mit dem Fagott".


Mit dem programmatischen Titel "Der ganz normale Wahnsinn" hat Udo Jürgens mal wieder den Nerv der Zeit getroffen. "Wahnsinn!", so möchte man ausrufen, wenn man sich die Probleme vergegenwärtigt, die einem im tagtäglichen Leben oder medial um die Ohren gehauen und aufs Auge gedrückt werden. Wahnsinn war es denn für Udo auch, als ihm nach der triumphalen Frühjahrstournee sozusagen als kalte Dusche die Uhrensammlung samt dem Familienerbstück, der goldenen Taschenuhr seines Großvaters, geklaut wurde. Ein für Udo schmerzlicher, weil unersetzlicher Verlust. Steht doch die Uhr symbolhaft für die Familiengeschichte des verfilmten Bestsellers "Der Mann mit dem Fagott". Aber Udo wäre nicht Udo, wenn er nicht seine, von ihm oft als Selbsttherapie bezeichneten Lieder, zu Rate ziehen würde. Unter dem Lebensmotto "Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient" hat er beschlossen, sich ein neues Zuhause zu gönnen. Aber nicht etwa, um sich zurückzuziehen: "Solange mich die Leute noch sehen wollen, werde ich weitermachen. Ich finde den Liegestuhl eine schreckliche Erfindung. Beim letzten New York-Besuch habe ich mir zum Beispiel 21 Musicals angeschaut. Ich versuche einfach immer auf der Höhe der Zeit zu bleiben und reflektiere, was wir richtig oder falsch gemacht haben. Momentan schwirren wieder zahlreiche Ideen in meinem Kopf herum. Mal sehen, was daraus wird."


Das Jahr, in dem Udo Jürgens 78 Jahre alt wird, dürfte als eines der bewegtesten in die Annalen seiner langen Karriere eingehen. Nicht nur die Konzerttournee glich einem wahren Triumphzug. Auch im Theater entwickelte sich sein "Ich war noch niemals in New York" zum erfolgreichsten Dauerbrenner unter den deutschensprachigen Musicals und wurde sogar in Tokio mit Standing Ovations gefeiert. Erstaunlich? Vielleicht, aber was viele nicht wissen: Udo ist auch in Japan ein Begriff. Hier gelang ihm bereits vor über 40 Jahren ein Nummer 1-Hit! Und während manche noch rätseln, ob er denn nun schon mal in New York gewesen sei oder nicht, haben bereits über drei Millionen Zuschauer das Musical rund um seine Lieder und Evergreens gesehen. Nach Hamburg, Stuttgart, Wien und Tokio demnächst auch in Oberhausen und Zürich.


Natürlich hat Udo Jürgens New York nach seinem ersten Besuch als Student mit einem Auswandererschiff immer wieder besucht. Dazu hatte er auch guten Grund, denn in den USA enterten Udos Kompositionen dank Interpreten wie Shirley Bassey, Sarah Vaughan, Matt Monroe, Bobby Darin, Bing Crosby, Sammy Davis jr. und vielen anderen die Charts. Udo: "Amerika ist einmalig. Es hat seine schrecklichen Seiten und ist gleichzeitig schöner, als jedes andere Land. Der kreative Schmelztiegel New York pulsiert, erfindet sich immer wieder neu. Das bewundere ich sehr". Die USA waren aber bei weitem nicht der einzige Beweis für die Eingängigkeit von Udos Melodien. Der damals bereits international erfolgreiche Komponist reiste als eher unbekannter Sänger seinen eigenen Hits rund um den Globus hinterher. Das war natürlich ein exzellenter Karriere-Turbobeschleuniger und erklärt auch die über 100 Millionen verkauften Tonträger. So gesehen steht Udo als Komponist der 1000 Melodien sozusagen in interner Konkurrenz zum Sänger: "In der Zwischenzeit bin ich aber ein recht guter Udo Jürgens-Interpret geworden, so finde ich", wie der unermüdliche Liederschreiber manchmal zu Scherzen pflegt.


Das neue Udo Jürgens-Album "Der ganz normale Wahnsinn – Live" ist seit dem 30.11.2012 im Handel erhältlich.

 

PRESSEBILDER: (c) Gerald von Foris

 

Mehr Infos unter www.udojuergens.de

 

 

Udo Jürgens - Das Interview am 11.11.12 in Berlin (Nach dem letzten Konzert seiner Tour „Der ganz normale Wahnsinn“)
 
  
 
Interview geführt von Horst Senker (Abschrift)
 
 
 
1. Wie fühlen sich wenige Stunden nach dem Ende Ihres letzten Konzertes?
Es geht mir sehr gut, und gleichzeitig ist eine leichte Wehmut, die hat mich erfasst. Natürlich, wie immer nach einem letzten Konzert, denn man schließt Freundschaften mit den zum Teil neuen Musikern im Orchester. Auch mit den anderen ist man seit Jahren befreundet, und das Auseinandergehen ist auch immer ein schmerzlicher Vorgang. Da und dort fließen Tränen an dem Abend, wenn wir uns dann in der späten Nacht verabschieden. Alle fahren in verschiedene Richtungen in ganz Europa, und das ist immer auch ein schmerzlicher Moment.
 
 
2. Ist Ihr erster Gedanke nach dem Konzert mehr ein „Gott Sei Dank“ im Sinne von „geschafft“?
Also Gott sei Dank ist es auf keinen Fall. Gott sei Dank ist es vorbei, das ist es nicht. Man hat das Gefühl, es ist geschafft und es ist hervorragend geschafft. Wir haben eine Serie von triumphalen Konzerten erlebt, das erfüllt einen natürlich mit einer großen Glückseligkeit, kann ich sagen. Aber es mischt sich in das Gefühl im selben Moment bereits ein, dass einem das Fehlen wird. Es ist nicht die Eitelkeit, die befriedigt wird auf der Bühne, das ist es nicht, sondern die Nähe der Menschen und das, was ich von der Bühne aus gegen Ende des Konzertes zu sehen bekomme. Das ist einfach unglaublich, was sich da an der Rampe zum Teil abspielt. Da wird geweint, da wird gelacht, von jungen Männern, von älteren Männern, von jungen Frauen, von älteren Frauen, durch alle Generationen, zum Teil sind Kinder da, das Besondere war bei diesem Fall ein Araber, der vorne an der Rampe stand, weinend auch, mit einem Transparent in arabischen Schriftzeichen, und ich wusste natürlich gar nicht, was das heißt und er hat mir dann zugerufen: „Seit 23 Jahren warte ich auf diesen Augenblick, ich bin aus Jordanien.“ Das ist ein Jordanier, der nach Wien gekommen ist, weil er dieses Konzert erleben wollte und seit Jahren schon meine Platten gesammelt hat, sich die irgendwo besorgt hat. Ich meine, dass sind so einzelne Szenen, die sich an der Rampe abspielen, die man niemals mehr vergisst.
 
 
3. Stellt sich nach einer solchen Konzertreihe auch so etwas wie eine Leere ein?
Die wird ab morgen, übermorgen eintreten. Morgen noch nicht, weil ich zunächst anderes zu tun habe, man ist ja auch noch ein Privatmensch. Man hat ein Haus, man wohnt irgendwo, da hat sich inzwischen viel angesammelt und das lenkt einen im Moment ab, aber diese Leere kommt und zwar dann, wenn man den Fehler macht, sich zurückziehen, sich zu sehr zurückzuziehen und zu sagen, jetzt erhole mich, jetzt tue ich die Beine hoch und stehe mal ganz spät auf. Das tue ich sowieso, das ändere ich dann auch nicht. Aber wenn man keine Pläne hat, also ich versuche nach Tourneen Pläne zu haben, kleine oder größere Reisen zu machen, manchmal bin ich bis Indien gereist und nach New York, immer wieder ein Fluchtpunkt für mich im Leben, das werde ich diesmal noch nicht tun, aber ich habe gerne Pläne, dann gehe ich nach Wien und besuche Freunde, überhaupt versuche ich, wenn eine Tournee zu Ende ist, den Kontakt zu den wenigen Freunde, die man hat, schnell wieder herzustellen, aufzustellen, dass wir gemeinsam Gespräche führen, das ist wichtig, um sich selbst aufzufangen.
 
 
4. In Ihrem Konzertrepertoire spielte Ihr aktuelles Lied „Schenk mir einen Traum“ eine große Rolle. Ist Ihnen dieser Traum durch Ihre Konzerte geschenkt worden?
Dieser Traum, den hat mir das Publikum geschenkt, das ist ja überhaupt etwas, dass die Leute nicht so richtig begreifen. Man sagt, warum machen sie das noch, also, als wenn das eine Strafe wäre, auf die Bühne zu gehen und seine eigene Musik zu spielen mit einem wunderbaren Orchester mit großartigen Musikern und Solisten. Das ist ein Geschenk, das machen zu können und zu dürfen und dann noch die Gewissheit zu haben, dass man ein riesiges Publikum hat. Hunderttausende Menschen, die kommen, um das zu hören. Ich meine, das muss man sich mal vorstellen. Ich meine, die Alternative dazu ist, dass ich zuhause hinterm Ofen sitze und ich weiß nicht, die Katze streichle, ein Buch lese, das tue ich ja auch, was ich da zurückbekomme von dem Publikum, die da an der Rampe stehen, erfüllt von Emotionen der Freude, aber auch der Nachdenklichkeit oder mit feuchten Augen, das ist so unglaublich, da geht man von der Bühne weg und ist erstmals eher nachdenklich so eine Stunde lang und muss auch wieder von den Freunden, die man dann hat, aufgefangen werden. Was man da sieht, ist hochgradig bewegend, da geht man nicht gleichgültig von der Bühne weg. Jedenfalls in meinen Konzerten ist das so.
 
 
5. Ein weiteres Lied in Ihrem Konzertrepertoire ist der Titel „Heute beginnt der Rest meines Lebens“. Wie sehr begleitet Sie dieser Satz durch Ihr Leben?
Ich habe diesen Satz zum ersten Mal in Harlem in New York gelesen, auf einem T-Shirt eines schwarzen jungen Mannes, und da stand drauf, „Today Is The First Day Of The Rest Of Your Life“. Und da habe ich gedacht, das ist ein unglaublich toller Satz, das war ein junger Mann, der war 18, schätze ich mal, und der hat ein T-Shirt, der hat bereits begriffen, was das bedeutet, egal wie alt und wie jung ein Mensch ist, selbst ein Kind beginnt mit jedem Tag morgens den Rest seines Lebens und wir alle wissen ja nicht, wie lang dieser Rest ist. Das kann ja wirklich ein Rest sein, Schicksalsschläge zum Beispiel, das sollte man sich bewusst machen. Wenn man natürlich eines Tages in einem Alter ist, und es bis dahin geschafft hat, das ist ja auch nicht selbstverständlich, dann ist es wirklich der Rest des Lebens, der auf einen zukommt. Dann wird der Satz vielleicht sogar bitter wahr. Er wird sehr wahr. Und wie ich diesen Satz gelesen habe, habe ich daran getüftelt, ihn ins Deutsche zu übersetzen. Da gibt es verschiedene Übersetzungen, die den gleichen Sinn haben, aber die sind in Deutschland alle viel länger und da bin ich auf die Formulierung gekommen „Heute beginnt der Rest deines Lebens“. Fünf oder sechs Worte, das ist auch noch ein bisschen lang, aber es ist gut, präzise gesagt, man versteht sofort, was gemeint ist, und wie ich den hatte, wusste ich sofort, diese Musik muss einen hymnischen Charakter im Refrain habe, das ist ja eine Lebensbekenntnis – Hymne, sich wirklich dem Leben zuzuwenden, zu erkennen, was es bedeutet, einen Tag zu beginnen und freue mich, dass viele Leute das so gesehen haben und begreifen, dann habe ich dann ja auch bewirkt, dass dieses Lied mit dieser Szene, die Schlussszene des Musicals (Anmerkung: „Ich war noch niemals in New York“) wird.
 
 
6. „Liebe lebt“ heißt ein Lied auf ihrem jüngsten Album „Der ganz normale Wahnsinn“. Wie sehr leben Sie die Liebe?
Ich kann das erleben und ich habe es mehrmals in meinem Leben erlebt, da ich auch die Lebensphilosophie habe oder den festen Glaubend daran habe, dass wir nicht nur einen Menschen im Leben lieben können. Das mag sein, dass das Probleme im Leben mit sich bringt, aber ich habe sehr oft, sehr ehrlich geliebt und ich habe immer wieder versucht, nicht nur das Beste daraus zu machen, sondern vielleicht sogar, wie ich Eheschließungen eingegangen bin, ein Endgültigkeit daraus zu machen. Es ist mir nicht gelungen. Das gelingt vielen anderen Menschen auch nicht. Heutzutage werden mehr als die Hälfte aller Ehen wieder geschieden oder zumindest von denen, die nicht geschieden werden, auch das ist eine traurige Zahl, sind nahezu weit über die Hälfte nicht glücklich. Also das ist ein sehr schwieriger Weg und es ist etwas Wunderbares, wenn er gelingt. Ich kenne Gott sei Dank viele Menschen, denen es gelungen ist. Meine Eltern waren solche, mein Bruder, in der zweiten Ehe hat es wunderbar funktioniert. Er hat eine herrliche Tochter mit seiner zweiten Frau, nicht nur eine wunderschöne, sondern auch eine kluge, junge Frau, also es kann alles funktionieren, aber es gibt keine Garantie dafür und das ist wiederum diese kleine Bitternis, die überall dabei ist. Gerade mit meinem Bruder unterhalte ich mich sehr viel über solche Fragen, über solche Fragen des Glücks. Er ist Maler und da ist die Glücksfrage auch eine Schlüsselfrage für seinen Beruf. Er muss in den Bildern, die er schafft, auch dieses Gefühl der Zerbrechlichkeit einarbeiten - man muss irgendwo merken, dass wir nicht unendlich stark sind und all das.
 
 
7. Wie wichtig ist es für Sie, Zeit mit sich alleine zu verbringen?
Ich kann gut alleine sein und ich bin auch gern alleine, aber ich kann nicht nur alleine sein und das ist auch nicht gut. Das ist für mich nicht gut, das ist für keinen Menschen gut. Wir sind Menschen, die geschaffen sind, nicht gerade Herdentrieb, auch das zum Teil, es gibt Menschen, die fühlen sich nur wohl auf dem Fußballplatz und wenn ganz viele drum herum sind. Ich habe Freunde, die hassen es, essen zu gehen, wenn weniger als zwanzig Personen am Tisch sitzen. Das mag ich nicht, ich mag es kleiner, ideal sind 4, da kann man sich jedem Menschen widmen und desto mehr es werden, desto unpersönlicher wird das. Aber wir alle sind da verschieden veranlagt. Aber wir Menschen brauchen Menschen, das ist ein ganz wichtiger Punkt, der auch in meinen Liedern vorkommt. „Dafür brauch ich Dich“, zum Beispiel, das Lied, das ich am Anfang des Konzertes spiele, soll das in etwa ausdrücken. Wir brauchen andere Menschen für alles, was wir tun und deswegen bin ich auch ein Mensch, der Gesellschaft braucht, immer wieder zwischendurch und der sich nach Menschen sehnt, besonders dann, wenn ich wieder einmal eine Rückzugsphase hinter mir habe, die nicht sehr lang dauert, ein paar Tage vielleicht, aber sehr wichtig ist, wo ich dann Gedanken ordne und vielleicht sogar Pläne habe, wie ich gewisse Dingen anpacken will in der nächsten Zeit.
 
 
8. Was geben Sie den Menschen in Ihren Konzerten und was geben die Menschen Ihnen?
Was ich geben kann, ist der Versuch, das, was ich selbst empfinde. Das geht los in dem Augenblick, wo ich die Idee zu einem Lied habe. Ich bin ein Liederschreiber, das ist die erste Funktion. Ich bin kreativ, ich schreibe auch an Büchern und das macht mir großen Spaß, Dinge zu kreieren, gedankliche Dinge zu kreieren, die möglichst viel Emotion beinhalten, das ist auch in meinem Buch “Der Mann mit dem Fagott“ so. Aber in erster Linie bin ich Komponist und das versuche ich, Emotionen in ein Musikstück hineinzubringen, musikalisch, dass ich mit der Sprache, mit den Worten, die ich dazu füge, mit drei oder vier sehr begabten Textern - in einem sehr mühsamen Zwiegespräch und manchmal auch ein gewisser Kampf - versuche, diese Worte dem Lied hinzuzufügen. Ich glaube diese Liedform, wenn sie gelingt, dann gelingt etwas Unglaubliches. Dann gibt es so viele Menschen, die das hören wollen und nicht nur auf der elektronischen Basis mit Kopfhörern oder so, sondern auch in einem Konzertsaal. Denn Menschen wollen dann sich von den Emotionen, die in einem solchen Lied drin stecken oder in einer Perlenkette solcher Lieder, die ein Konzert bedeuten, die sich in diese Emotionen hineinfallen lassen, nicht um den Alltag zu vergessen, sondern um ihn zu bewältigen, und das ist etwas, was ich in tausenden Briefen spüre, dass das gelungen ist in meinem Leben. Es hat eine tröstende Funktion, aber nicht eine zukleisternde. Ich will nicht Gedanken verkleben: „Denkt nicht mehr an schlimme Sachen“. Ich will sagen, stellt Euch dem Leben, wie es ist und schöpft Kraft aus euren eigenen Gedanken, aus eurer eigenen Kreativität, aus Literatur, aus Musik, wendet euch der Kunst zu, sie ist die wahrste aller Religionen.
 
 
9. Wie empfindet Ihr Publikum ihre Konzerte? Werden die neuen Lieder mehr bevorzugt oder sind es mehr Ihre Evergreens, die schon vertrauten Hits, die Ihr Publikum hören will?
Der Anfang des Konzertes ist sicherlich erfüllt von großen Emotionen und deswegen sind die Leute sehr gebannt, auch in dem Konzert, und sitzen gebannt da und erleben das und erleben es mit und gehen es noch einmal durch und gehen die Texte durch und die Leute schreiben mir fast einhellig: „Die schönsten Lieder sind im ersten Teil wie „Liebe lebt“ und das ist viel schöner wie ihre alten Lieder, aber dann habe ich mich doch gefreut, wie am Schluss, wie ich lebensfroh wie auf einer Party feiern konnte.“ Das ist so ein doppeltes Erlebnis. Das eine verführt einen zum Nachdenken, zum Fühlen, zum Mitfühlen, zum emotionalen Fühlen und das andere schenkt uns die Leichtigkeit des Lebens, mit der wir nachher uns auf die Straße, auf den Parkplatz im Regen, zum nassen Auto begeben. Ich weiß nicht, zu den ganzen unangenehmen Dingen, die einen dann erwarten, ist man dann gewappnet und die Leute schreiben fast einhellig. „Ich bin nicht deprimiert nach dem Konzert und traurig, ich bin höchstens traurig, dass es vorbei ist, aber ich habe unerhörte Lebenskraft. Ich kriege sehr viel Post aus Krankenhäusern, wo Leute sich in schwierigsten gesundheitlichen Lebenssituationen auch mit meinen Liedern beschäftigen und die Ärzte das auch unterstützen und das berührt mich natürlich wahnsinnig. Manchmal da lese ich Sachen, die ich auch nur schwer verdauen kann, muss ich Ihnen sagen
 
 
10. Nach Ihrer Konzertreihe gibt es das Livealbum „Der ganz normale Wahnsinn“. Was dürfen wir erwarten?
Das Live-Album ist die wichtigste Form des Festhaltens von Augenblicken, das ist ja eine Fähigkeit, die erst das vorige Jahrhundert möglich gemacht hat. Da waren früher die ganz ganz Großen, die wir heute noch bewundern und lieben, aber vielleicht sind sie deshalb noch da, weil es keine Schallplatten von ihnen selbst mehr gibt. Das ist eine Geschichte, über die habe ich oft nachgedacht und mit vielen klugen Menschen darüber gesprochen und die haben das eigentlich alle vertreten. Wenn es schon Schallplatten und Aufnahmegeräte gegeben hätte wie zu Mozarts Zeiten, Johannes Strauss‘, Beethovens Zeiten, dann wäre der Nimbus dieser Komponisten nicht mehr vorhanden. Da wären sie genauso versunken wie die heutigen Komponisten versinken, scheinbar alle, wir haben eine Lebensdauer: George Gershwin ist heute noch in meiner Generation ganz stark, aber fragen sie mal einen 18jährigen, wer George Gershwin ist, ich fürchte, dass diese Lieder - die von uns allen als unsterblich bezeichneten Lieder - damit ein Verfalldatum haben und das ist natürlich schon sehr sehr traurig. Es kann auch daran liegen, dass wir heute den unbeschränkten Zugriff auf Schallplatten, auf DVDs, auf Videos haben fast bis zur Übersättigung, dass wir uns das gar nicht mehr anhören können, weil wir zu viel von diesem Material zur Verfügung haben, ich weiß es nicht. Wir sind froh, dass wir es haben. Auf diese Art und Weise können wir wahrscheinlich unsere Gegenwart stärken, indem die Menschen Zugriff haben und können überall das noch einmal nachempfinden, sie können da Konzerte noch einmal hören und wenn sie es noch einmal hören und gesehen haben, dann werden sie die gleichen Emotionen beim Hören noch einmal zum Teil bekommen, vielleicht, wenn sie es richtig bewusst hören mit Kopfhörern, werden sie es noch mal ganz stark bekommen. Das ist für uns heute, wenn wir schon nicht unsterblich sind wie damals die Musiker, ist es wahrscheinlich ein Trost, dass wir auf diese Weise unsere Lebenszeit vielleicht ein ganz kleines Stückchen verlängern können, dass die Leute sich noch ein wenig länger an uns erinnern, aber diese Unsterblichkeit der frühen Jahre, frühen Jahrhunderte, die wird es vermutlich in der jetzigen Zeit nicht mehr geben.
 
 
11. In Ihrem Konzert wurden auch Auszüge aus dem Soundtrack zum Film „Der Mann mit dem Fagott“ gespielt. Die Musik haben Sie zusammen mit dem Filmmusikexperten Nic Raine entwickelt…..
Ich habe gleich gesagt, ich habe die Erfahrung nicht als Filmkomponist, ich schreibe natürlich die Musik gerne, die Hauptthemen, aber ich brauche jemanden, der das absolute Filmhandwerk versteht, der ganz genau sagt, pass‘ auf, der sich mit mir hinsetzt und sagt, jetzt brauchen wir 14 Sekunden, der nächste Take, 14 Sekunden dauert die Szene, wie der zu dem ins Gefängnis kommt, der Kommissar, mit ihm ein bedrohliches Gespräch führt, wir brauchen eine bedrohliche Musik von 14 Sekunden: unerhört interessante Aufgabe. Und da konnte er mir entscheidend helfen. Wir haben zusammen diese großen Themen gemacht, in denen ich mich ausleben konnte, das Hauptthema „Der Mann mit dem Fagott“. Nic Raine. Ich habe in den Zeiten mehr gelernt als in den Zeiten als ich im Konservatorium und an der Musikhochschule war. 
 
 
12. „Der Mann mit dem Fagott“ ist mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet worden. Bei dieser Gelegenheit sagten Sie, sie hätten Angst vor den Dreharbeiten gehabt. Was hat Sie ängstlich gemacht? 
Dann war mir plötzlich klar, jetzt drehen wir, dann hat man dir Schauspieler ausgesucht, da habe ich gesehen, David Rott, der wirklich mir unglaublich ähnlich ist, ich habe ihn kennengelernt bei mir im Haus und ich habe bemerkt, der wird das toll machen. Dann wurde gedreht. Meine Mutter hatte eine Schauspielerin, mein Vater, mein Großvater. Dann macht man einen Fehler, man schaut am Anfang eher auf Ähnlichkeiten, was bei meinem Vater, meinem Großvater keine Rolle spielt, denn die kennt ja kein Mensch - Ähnlichkeit musste nur bei mir sehr groß sein. Alle kennen mich, seit vielen Jahrzehnten, haben mich auch als jungen Mann - die Älteren - schon gesehen im Fernsehen und so weiter. Der Schauspieler musste wirklich so sein wie ich. Den haben wir gefunden, dann habe ich plötzlich Angst bekommen und gesagt, meine Familie, was werden die sich denken, wenn wir die alle darstellen im Film, und dann habe ich die ersten Szenen gesehen, wie wir gedreht haben und zwar der erste Drehtag war im Schloss Ottmanach. In dem Schloss, in dem ich aufgewachsen bin als Kind und dort waren meine Kinderszenen gedreht mit dem Alexander, mit dem Jungen, der mich gespielt hat und dann habe ich diese Szenen gesehen und das hat mich derartig berührt, weil die waren historisch gesehen so richtig und haben so genau gestimmt, die HJ-Szene, dass mir hat das Herz geklopft. Ich habe fast nicht hingucken können, als wenn ich meine Kindheit noch einmal erlebe, es war wirklich herrlich und schlimm zugleich, so, ich habe gesagt, wie soll ich das emotional verkraften, was hier passiert und dann hat mich die Angst verlassen. Ich habe gemerkt, der Regisseur Miguel Alexandre, die Produzentin Regina Ziegler, die gehen mit einer unerhörten Ehrlichkeit und mit einem Ernst ans Projekt heran und sind von einem tiefen inneren Wunsch erfüllt, hier gerecht zu werden diesem Buch, dieser Geschichte, dieser deutsch-russischen Geschichte und auch mir als Künstler gerecht zu werden und da hat man sich viel Mühe gegeben, das ich nur total dankbar sein kann. Und dann kam der Tag der Premiere und dann habe ich plötzlich gemerkt, dass die Leute tief ergriffen von diesem Film sind, dass das sie berührt hat und das war das Entscheidende und dann habe ich die Angst abgelegt und habe auch gemerkt, es ist ein gelungener Film und es ist etwas geworden, dass absolut ein Meilenstein in meinem Leben ist, es ist ein nicht mehr weg zu denkendes Kapitel meines Lebens. „Der Mann mit dem Fagott.“
 
 
13. Wie finden Sie es, dass der Film „Der Mann mit dem Fagott“ gedreht wurde und viele Details aus ihrem Leben und aus dem Leben ihrer Vorfahren preisgegeben wurden?
Ich glaube, es war doch letztlich gut. Erst einmal bin ich ein Zeitzeuge eines halben Jahrhunderts und „Zeitzeugen“, das finde ich hochinteressante Sendungen, die ich sehr gerne sehen, wenn wir Interviews mit den Legenden, den Zeitzeugen sehen, können wir unsere Vergangenheit besser verstehen und wer seine Gegenwart verstehen will und auch sein Land, in dem er heute lebt, wer jetzt leben will und das verstehen will, warum er so lebt, warum die Situation so ist, wie sie ist, auch die Schräglagen, die wir in manchen Punkten haben, der kann unsere Gegenwart nur verstehen, wenn er wenigstens einen Schimmer oder einen größeren Schimmer von unserer Vergangenheit hat, denn eins greift in das andere.
 
 
14. Wie sehr folgen Sie mit Ihrer Arbeit, in Ihren Liedern dem Prinzip „Hoffnung“?
Es gibt intellektuelle Bewegungen, die das verteufeln und die dieses Prinzip „Hoffnung“ verteufeln. Ich verteufele diese Ansicht. Ich glaube, wenn du dem Menschen die Hoffnung nimmst, die Hoffnung auf den nächsten Tag, Verbesserungen ihrer Situation, weil sie krank sind, die Hoffnung, wieder gesund zu werden, wenn sie Jugendliche sind, die Hoffnung, erwachsen zu werden, den Berufsweg gehen zu können, von dem man träumt, alles Hoffnungen. Es sind Bündel von Hoffnungen unser ganzes Leben lang und die ändern sich mit jeder Lebensphase, die wir durchleben und deswegen ist die Hoffnung etwas unendlich Wichtiges und ich bekenne mich bewusst zu ihr, und das Lied ist eine wunderbare Metapher, ein wunderbares Mittel, um Hoffnung zu vermitteln und sich selbst Hoffnung zu machen
 
 
15. In dem Film „Der Mann mit dem Fagott“ wird deutlich, dass Sie vom Wesen her nie ein „Hau drauf“ gewesen sind….
Nein, war ich nie. Natürlich nicht. Das ist ganz entgegen meiner Mentalität, das merkt man auch - glaube ich - jetzt. Ich bin jetzt auch kein „Hau drauf“. Ich bin ein sehr sensibler, verletzlicher Mensch und was furchtbar ist, mein Selbstbewusstsein ist stark erschütterbar. Man kann ganz leicht mein Selbstbewusstsein erschüttern. Das erholt sich wieder und ich finde wieder zu mir selbst sehr schnell. Das ist kein sehr langwieriger Prozess, aber im Moment kann mein Selbstbewusstsein wie ein Kartenhaus zusammen brechen, aber das ist auch wahrscheinlich eine Eigenschaft, die letztlich mir nützt. Dadurch spüre ich die Verletzbarkeit dieser Dinge und es gibt nichts Schlimmeres für mich als diese Leute, die Großkotze, die immer an sich glauben und die und die immer sofort präsent sind. Wenn ich einen Raum betreten, bin ich auch drin und werde wahr genommen, auch wenn ich ihn innerlich eher bescheiden betrete, ich komme nicht rein und „hallo, hier bin ich“, aber die erfolgreichen Manager haben das ja drauf, die strotzen vor einem Selbstbewusstsein und das sind so diese Typen, die man eher als Kotzbrocken empfindet, die permanent ihre Kraft demonstrieren, Frauen gegenüber deutlich Machos sind, das bin ich überhaupt nicht, ich bin das Gegenteil.
 
 
16. Fühlen Sie sich durch Ihren hohen Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit eingeschränkt?
Ich erleb‘ etwas ganz Eigenartiges. Dieser hohe Bekanntheitsgrad, den ich habe, ich sage absichtlich nicht Ruhm, sondern dieser hohe Bekanntheitsgrad, der über Jahrzehnte über 90 % liegt, den habe ich schon seit meinem Anfang, mit 32 hatte ich den eigentlich bis zum heutigen Tag und ich habe alle Formen des Idols da durch gelebt. Da muss man sich auch schützen. Du darfst ja nicht Everybody‘s Darling sein, dich immer konform verhalten, du lernst eine gewisse Freundlichkeit, aber auch ein bisschen abweisend zu sein. Du musst dich schützten, um nicht permanent die Hände auf deinen Schultern zu haben. Das macht dich auch kaputt, das geht einfach nicht, das lernst du dann, das ist manchmal unangenehm, aber ich versuche, diesen schwierigen Grad irgendwie zu meistern.
 
 
17. Nach dem Erfolg des Mehrteilers „Der Mann mit dem Fagott“, der von der Geschichte ihrer Familie handelt, wurde bei Ihnen zuhause kürzlich eingebrochen und das Symbol Ihrer Familie, die Uhr, d a s Familienerbstück, gestohlen. Das klingt sehr schicksalhaft.
Die Uhr ist da, sie lebt weiterhin in dem Film, in dem Buch, wenn man das sieht, sieht man die Uhr und deswegen weiß man, es hat sie gegeben, sie war da, und sie ist gestohlen worden und die e i n e Uhr , das kann ich mir nicht verzeihen, dass das mir passiert ist, dass ich derjenige war, der die Uhr hatte. Mein Großvater hatte sie, sein Vater, mein Urgroßvater hatte sie, mein Vater hatte sie, ich hatte sie und unter mir kommt sie weg. Was habe ich falsch gemacht, dass diese Uhr weg ist, diese eine Uhr, das werde ich mir nie verzeihen oder das werde ich nie richtig verwinden können, aber das Leben geht weiter und es könnte viel schlimmer kommen.
 
 
18. Es klingt etwas unwirklich, wenn Sie im Hinblick auf Ihre vielen Aktivitäten von sich selber behaupten, Sie seien ein alter Mann? Wie sehen Sie das?

Es ist auch etwas unwirklich für mich. Ich bin alt nur im Begriff auf die Zahl, in welchem Alter ich mich befinde, ich bin in zwei Jahren 80. Ich bin mir dessen bewusst und die Eitelkeit, jetzt jung auszusehen, ist nicht das, was mich auf die Bühne treibt. Ich empfinde es als Wunder des Lebens, dass ich noch eine Bühne betreten kann und dort bestehen kann und dort sogar besser bestehen kann als früher, dass ich die Kraft zum Singen habe und zwar sicherer, als ich vor 20 Jahren gesungen habe, singe ich heute. Warum das so ist, kann ich nicht beantworten, aber es mag damit zusammen hängen, dass ich die Kraft, die ich heute habe, sehr stark zu 90 % auf diesen Augenblick konzentriere, wo ich eine Bühne betrete. Früher habe ich meinen Tagesablauf aufgeteilt. Meine jugendliche Kraft habe ich aufgeteilt in Privatleben, in Fröhlichkeit, feiern, essen gehen, mit Party feiern, auf die Bühne gehen, Lieder schreiben, das muss alles irgendwie einen Platz finden, hat auch einen Platz gefunden, ich habe die Kraft gehabt. Da fällt heute eine ganze Menge weg. Das feiern sieht in meinem Alter ganz anders aus als damals, wo man einfach „juhu“ gefeiert hat bei jeder Gelegenheit und wenn es ging jeden Tag.

 

19. Welche Wünsche haben Sie für 2013?

Meine persönlichen Wünsche sind sehr bescheiden, das heißt, sie sind gar nicht bescheiden. Ich möchte gesund bleiben. Ich bin gesund, ich habe körperlich mehr Kraft, als die meisten Menschen in meinem Alter haben, das ist mir bewusst und dass ich dieses tolle Leben mit Musik, dass ich das noch weiter leben kann. Ich plane jetzt ein neues Album zu schreiben. Ich möchte wieder eine kompositorische Arbeit annehmen, das wird mich sehr fordern und wenn mir das gelingt, ich weiß ja schon vorher, ob es gut wird oder nicht, ich kenn‘ ja die Lieder, die ich geschrieben habe - wenn das lauwarm ist, werde ich nichts produzieren, wenn ich an die Lieder nicht glaube, werde ich sie nicht produzieren, wenn sie nicht die Kompetenz haben, in einem Konzert gespielt zu werden, dann werde ich sie nicht produzieren. Da warte ich entweder auf den Moment, wo ich solche guten Lieder schreibe oder ich weiß nicht, was ich mache. Aber ich bin mir sicher, dass es mir wieder gelingt, ein gutes Album zu machen. Mit diesen Liedern werde ich ins Studio gehen, werde eine wunderbare Zeit erleben, wenn ich diese Gedanken zum Klingen bringe in einem Studio mit Musikern zusammen, und dann kommt der Moment, wo man sagen wird, die Lieder müssen auf die Bühne, die werden wieder irgendwann gesungen werden müssen und da werde ich wieder meine alten Knochen zusammenraffen und werde die Bühne betreten, sofern die Gesundheit das zulässt, das hoffe ich.

 
 
  
Quelle: MCS-Marketing - 04.12.2012

 

Back